Dating-Druck?
Dating-Druck?
Wird jungen Menschen suggeriert, dass sie eine Beziehung haben müssen, um glücklich und erfüllt leben zu können? Wie nimmt unser Umfeld uns wahr, wenn wir glückliche oder unglückliche Single sind?
Mein Freundeskreis diskutiert dieses Thema recht ausführlich. Wir sind alle Anfang, Mitte zwanzig und studieren an verschiedenen Orten, verschiedene Fächer. Alle von uns sind momentan Single, manche mehr und andere weniger glücklich damit. Aber alle bemerken gewisse Gemeinsamkeiten, wenn es um die Sichtweise der Familie über unser Singledasein geht.
Meine Freundin studiert mittlerweile im Masterstudiengang. Ihr Studienfach ist im naturwissenschaftlichen Bereich verordnet, und sehr anstrengend, vollgepackt und vor allem anspruchsvoll. Trotzdem wird sie bei Familienfeiern und im Umfeld, meist nicht nach ihrem Studium gefragt, sondern warum sie denn immer noch keinen Freund hat. Sie weiß, niemand meint es böse, hat aber doch oft das Gefühl, man geht davon aus, sie müsse ohne Beziehung doch unglücklich sein. Sie erntet mitleidige Blicke und den typischen „bald kommt der Richtige“-Sprüche recht regelmäßig und ist davon, verständlicherweise, genervt.
Ein anderer Freund hat ähnliche Schwierigkeiten. Ihm wünschen die Eltern auch, dass er endlich mal Erfahrungen macht. Auch er kennt das Gefühl von, wann bringst du denn endlich mal wen mit?
Das Gefühl kenne ich auch. Einerseits wird mir immer gesagt, ein Partner soll nicht mein Lebensinhalt sein, andererseits soll ich doch bitte einen haben. Auch bei mir kommt oft die Frage nach: Gibt es denn mittlerweile jemanden? Oder auch beliebt: Was macht die Liebe?
Ich weiß, es ist eher eine Konvention und nicht böse gemeint, aber es nervt höllisch. Die Hälfte der Zeit löst es in mir Zweifel aus, warum ich denn keinen Partner finde und was mit mir falsch sein könnte. Ich bin es leid, erklären zu müssen, dass mir mein Studium im Moment wichtiger ist, und ich einige Baustellen habe, die ich vorher beseitigen möchte. Ich finde es paradox, wie mir unterbewusst immer suggeriert wird, ich könnte allein nicht glücklich sein, während mir das Dating aber auch negativ dargestellt wird. Partnersuchen ja, aber bitte dabei nicht zu viele verschleißen. Dabei bin ich der Meinung, dass wir nur lernen, was wir von einer Beziehung erwarten und ob jemand zu uns passt, wenn wir uns ausprobieren.
Generell scheint Dating aber schwierig zu sein. Hast du zu viele Ansprüche und setzt klar Grenzen, bist du eine arrogante Ziege. Gehst du offener an die Sache ran und versuchst keine Erwartungen zu haben, bist du auch wieder falsch.
Geben wir Beziehungen also einen zu hohen Stellenwert oder wollen alle um uns herum nur unser Bestes?
Ich denke, es ist eine Mischung aus beidem. Einerseits wird Menschen oft suggeriert, dass wir romantische Beziehungen führen sollten und einen Lebenspartner haben müssen. Nach dem Motto: Ehe, Haus und Kinder. Das ist aber ein gesellschaftliches Problem. Wir denken gerne in Schubladen, und mögen es nicht, wenn Dinge nicht in unser Raster passen. Ergo, kann man ohne PartnerIn nur bedingt glücklich sein.
Andererseits bin ich mir sicher, dass dies gerade im privaten Umkreis eher aus gutem Willen und Liebe zu uns geschieht. Unsere Familien und Freunde wollen, dass wir ein glückliches und erfülltes Leben führen können und die Möglichkeit haben, es mit jemandem zu teilen. Aber das ist der springende Punkt, eine Beziehung soll nicht der Grund für unser Glück sein, sondern dieses erweitern.
Keiner von meinen Freunden ist an sich unglücklich, auch ich bin es nicht, wir wünschen uns teils sogar Beziehungen. Aber wir erwarten sie als Ergänzung unseres Glückes, nicht als dessen Basis.
