Wird Frauengeschichte in der Schule zu wenig thematisiert?
In der Schule werden Themen wie die Aufklärung fächerübergreifend behandelt. Die Aufklärung ist ohne Frage ein wichtiger Schritt in unserer Geschichte und soll besprochen werden. Literatur, Kunst, Politik und Philosophie wurden durch sie stark beeinflusst und verändert. Noch heute werden Jean Jacques Rousseau, Voltaire und Immanuel Kant als wichtige Vertreter von Vernunft und Humanismus gefeiert und diskutiert. Die Aufklärung gilt als Anfangspunkt unserer modernen Zeit.
Aber warum werden dann Themen, die für unsere moderne Zeit und unser heutiges Leben ebenfalls von enormer Bedeutung sind, in Schule und teils auch an den Universitäten, nur in Nebensätzen behandelt?
Weil sie meist nur für einen Teil der Gesellschaft relevant sind.
Die Suffragetten und die Frauenbewegung der 70er-Jahre wurden in meiner Schulzeit, die noch nicht so schrecklich lange her ist, in einem netten Nebensatz à la „Zu der Zeit gab’s die übrigens auch, die haben sich für Frauenrechte eingesetzt.“ Damit war das Thema erledigt.
Doch sind diese Themen nicht essenziell für uns, um zu sehen, wie sehr Frauen für ihre Rechte und Gleichheit kämpfen mussten? Um zu hinterfragen, wie wir heute zu diesen Themen stehen?
Aber oft scheint es so zu sein, dass diese wirklich wichtigen Aspekte unserer Geschichte unter den Teppich gekehrt werden. Aber besonders die Kämpfe der Frauen, und eigentlich aller Minderheiten, verdienen mehr Aufmerksamkeit. Ja, Frauen sind heute [oft] gleichberechtigt. Aber das macht den Weg dahin doch nicht weniger interessanter und relevanter als andere. Dieser Kampf für die Gleichberechtigung verdient doch wohl mehr als einen Nebensatz. Ich möchte hören, wie sich die Suffragette Emily Davison für ihr Wahlrecht (vermeintlich) opfert. Leider ist bis heute nicht geklärt, ob sie in Kauf nahm von dem Pferd totgetrampelt zu werden, oder ob das alles ein bedauerlicher Unfall war. Allerdings sollte man überlegen, ob jemand sich mitten auf eine Pferderennbahn stellt, ohne in Betracht zu ziehen, dass das eventuell gefährlich ist.
Auch die Pankhurst-Frauen sollten mehr gewürdigt werden. Der Film Suffragette mit Meryl Streep ist sehr zu empfehlen, ersetzt aber keine vernünftige Aufarbeitung des Themas oder seine Einordnung in, auch kritische, Diskurse.
Auch über den jahrelangen Kampf von Gloria Steinem, Betty Friedan und ihrer MitstreiterInnen, für die Gleichberechtigung der Frauen, wird im schulischen und universitären Kontext wenig gesprochen. Auch hier reicht die Serie Mrs. America gerade mal für einen Überblick, ist aber trotzdem sehr zu empfehlen. Allerdings ist es halt Unterhaltung und keine historische oder gesellschaftliche Aufarbeitung des Themas.
Ich empfinde es als bedauerlich, dass diese wichtigen Momente so wenig Aufmerksamkeit erhalten. Denn wo wären wir als Gesellschaft, aber auch wir als Frauen, denn heute, wenn diese mutigen und starken Frauen nicht so für etwas gekämpft hätten, das so grundlegend sein sollte. Das Recht der Frau an Teilhabe und Gleichberechtigung in der Gesellschaft.

Comments
Da kann ich Dir nur Recht geben!
Abgesehen von ein paar Herrscherinnen werden Frauen in den Geschichtsbüchern kaum erwähnt. Erst im Zuge der „neuen“ Frauenbewegung in den 1970er Jahren wurden manche wiederentdeckt.
Gleiches gilt übrigens auch für die Literaturgeschichte. Selbst Schriftstellerinnen, die zu ihren Lebzeiten berühmt und erfolgreich waren, wurden und werden nur zögerlich in den „Literaturkanon“ aufgenommen.