Vor der eigenen Tür kehren
Vor der eigenen Tür kehren
Eine Bekannte von mir äußerte sich vor einiger Zeit, meiner Meinung nach, recht abfällig über eine bestimmte Personengruppe in unserem Umfeld. Wir sprachen über Kinder und Eltern und all das Drum und Dran. Daraufhin meinte meine Bekannte, dass sie nicht verstehe, wie manche Frauen so spät Kinder bekommen könnten, dass sie erst Karriere machen müssten, dass man doch nicht unbedingt Frau Anwältin sein muss. An sich vielleicht erst mal eine mehr oder weniger verständliche Aussage. Als ich allerdings später Zuhause noch einmal darüber nachdachte, fiel mir auf, wie unfassbar unangebracht diese Frage war, allein durch den recht abfälligen Ton und den situativen Kontext. Wichtig ist jedoch dies, meine Bekannte hatte kein Recht, andere Frauen dafür zu verurteilen, dass sie erst eine vernünftige Ausbildung und einen sicheren Arbeitsplatz wollen. Es geht niemanden etwas an, wann, wer mit wem ein Kind bekommt. Dieses Unverständnis und die Intoleranz für den Lebensweg anderer ist es, was mich an der Aussage stört.
Es scheint schon fast normal zu sein, das Leben von anderen Menschen zu kommentieren und zu verurteilen. Dabei sollten wir doch im 21. Jahrhundert nicht mehr in dieser Art über andere Menschen reden. Ich könnte noch andere Beispiele nennen, und ich wette, das könntet ihr auch.
Es gibt auch genug Männer, die unter solchen Problemen leiden. Es wird belächelt, wenn sie statt der Partnerin in Elternzeit gehen, es ist immer noch ein Problem für einige, wenn Männer emotional sind. Fußballbegeisterung ist Pflicht für Männer, zumindest wird ein Freund von mir seltsam beäugt, wenn er sagt, er mag keinen Fußball. Auch das ist nicht gerecht und gehört in ein antiquiertes Weltbild, dass doch gewiss nicht in unsere aufgeklärte Zeit passt.
Ich denke, dass am besten jeder bei sich selbst anfängt. Versucht euch in die andere Person hineinzuversetzen. Dann überlegt, wie würdet ihr euch fühlen, wenn andere Menschen so verächtlich über euer Leben und eure Entscheidungen sprechen würden. Als Nächstes könnt ihr überlegen, verliere ich was dadurch, dass jemand sein Leben anders führt als ich meins? Habe ich ein Recht, über andere zu urteilen? Nein, gut, dann lasst es.
